Die 1962 am Stadtrand von Dietikon errichtete Schulanlage Wolfsmatt von Julius Senn ist ein typisches Beispiel der seit den 30er Jahren in der Schweiz propagierten Pavillionschulen. Diese zeichnen sich durch die Aufgliederung der Baumasse in nach Funktionen getrennte individualisierte Einzelkörper aus, welche oft durch gedeckte Laubengänge miteinander verbunden sind. Speziell an der Anlage in Dietikon sind die zentrale Erschliessungsachse, der latent gefasste Pausenhof, die trapezförmige Anordnung der beiden Schultrakte sowie die in den Hang gebaute Freiluftarena. Typisch für die frühen 60er Jahre sind hingegen die einfachen geometrischen Baukörper und die sehr einheitliche Gestaltung und Materialisierung. Die typologischen und architektonischen Qualitäten der weitgehend intakt erhaltenen Schulanlage werden durch die Gestaltung der Aussenräume von Walter Leder stimmungsvoll erweitert.
Ausgehend von den vorhandenen Qualitäten wird die bestehende Anlage aus ihrer eigenen städtebaulichen und architektonischen Logik weiterentwickelt. Alle Bestandesbauten wie auch die grosszügigen Freiflächen bleiben integral erhalten. Die beiden Neubauten erweitern die ursprüngliche Setzung entlang der zentralen Achse und fassen den neuen Zugangsbereich am Vogelauweg. Die Anlage erhält durch die beiden unterschiedlich dimensionierten einfachen Gebäude einen angemessenen Gegenpol zur bestehenden Situation entlang der Schöneggstrasse.
Der Freiraumentwurf nimmt die gestalterischen Prinzipien des schützenswerten Bestandes auf und übersetzt diese auf die neue Situation. Die ‚Weitergestaltung‘ folgt den Intentionen von Walter Leder bezüglich Duktus, Baumfiguration und Materialität. Die schützenswerte Substanz wird sorgfältig restauriert und in ihrem Gebrauchswert an heutige Bedürfnisse angepasst. Im Sinne des Ensembles wird das Verhältnis von Bauten und Freiflächen präzisiert. Dabei wird das fliessende Grün an die Bauten herangeführt und die Grünwirkung der Pausenplätze gestärkt. Die prägende axiale Platzfolge von Pausenräumen erhält mit der «Halle Süd» zum Vogelauweg eine sinnfällige Fortschreibung, die es erlaubt, die Neubauten einzubinden und mit dem feinmaschigen Wegnetz über verschiedene Geländeebenen zu verknüpfen.
Die einzelnen Nutzungseinheiten werden möglichst zusammengefasst und auf die unterschiedlichen Bauten verteilt. Somit kann der Grundgedanke der bestehenden Pavillionschule beibehalten werden. Der zentrale Spezialtrakt dient der Schulleitung, den Lehrpersonen und dem Hauswart. Im Singsaaltrakt sind neu die Räume der Förderung untergebracht, die somit auch unabhängig vom Betrieb genutzt werden können. Die beiden Klassenzimmertrakte bleiben in ihrer einfachen Grundstruktur erhalten und werden einzig durch die geforderten Gruppenräume an den Aussenseiten erweitert.
Entsprechend den unterschiedlichen Grössen sind in den beiden Neubauten auch sehr unterschiedliche Nutzungen untergebracht. Das kleinere Gebäude dient als reiner Klassenzimmertrakt und enthält die zusätzlichen zwölf Zimmer sowie die entsprechenden Gruppenräume und Lehrerarbeitsplätze. Die Struktur orientiert sich an den beiden bestehenden Schultrakten; mit Ausnahme des Zugangsbereiches im Erdgeschoss sind beidseits der zentralen Erschliessungsachse jeweils zwei Klassenzimmer und ein Gruppenraum als Cluster mit separater Garderobe und einem zusätzlichen frei möblierbaren Eingangsbereich organisiert.
Im grösseren Baukörper sind dagegen sehr unterschiedliche Nutzungen untergebracht. In den drei oberen Geschossen befinden sich im Bereich der zentralen Achse die Spezialräume und davon abgewandt im Osten die Räume der Betreuung mit einem separaten Zugang von aussen. Dazwischen befinden sich im Zugangsgeschoss die Bibliothek, darüber die Aufwärmküche mit Anlieferung sowie zuoberst die Räume der Hortleitung. Die zusätzliche Turnhalle sowie der Mehrzwecksaal mit dem gemeinsamen Foyer bilden den zu den grossen Freiflächen orientierten Sockelbau. Durch diese Nutzungsverteilung und die verschiedenen Eingänge können die einzelnen Raumgruppen entsprechend ihren unterschiedlichen Graden an Öffentlichkeit sinnfällig angeordnet und bei Bedarf unabhängig voneinander genutzt werden. Zugleich ermöglicht das Zusammenfassen dieser unterschiedlichen Räume in einem Baukörper Mehrfachnutzungen und Synergien insbesondere im Bereich der Betreuung.
Prägend für die bestehende Anlage sind neben der städtebaulichen Setzung auch die Individualisierung der einzelnen Baukörper und die sehr einheitliche Materialisierung. Diese kann durch die vorgeschlagene energetische und bauphysikalische Ertüchtigung erhalten bleiben. Dabei werden die Brüstungen zusätzlich gedämmt und neu mit kleinteiligen, texturierten Glasfaserbeton-Elementen anstelle der ursprünglichen Durisolplatten verkleidet. Der aufgrund des neuen Flachdachaufbaus minimal erhöhte Dachrand wird wie im Orginalzustand einheitlich in Aluminiumblech ausgeführt. Auch die neuen Holz-Metall-Fenster erhalten wieder die sehr charakteristische auf den historischen Aufnahmen dokumentierte Gliederung und Materialität. Für die Neubauten werden die geschlossenen Stirnwände in Sichtbackstein und die Akzentuierung der Treppenhäuser als primäre Gestaltungsprinzipien übernommen. Als äussere Verkleidung der vorfabrizierten Holzbauelemente, welche in die Betonstruktur eingefügt werden, sind grünlich lasierte Holzwerkstoffplatten in unterschiedlichen Formaten vorgesehen. Das Sockelgeschoss des grösseren Gebäudes wird entsprechend dem konstruktiven inneren Aufbau als solches auch aussen artikuliert und mit Betonelementen verkleidet. Zusammen mit dem kräftigen Dachrand ebenfalls aus Sichtbetonelementen und einer anderen Gliederung der Fenster erhalten die Neubauten gleichwohl einen eigenen Ausdruck, der sich zurückhaltend vom Bestand unterscheidet, die angestrebte harmonische Gesamterscheinung aber beibehält.
Wie in den bestehenden Klassenzimmertrakten zeichnen sich in den Neubauten die Treppenhäuser und die Zugänge durch Backsteinwände und Natursteinböden aus. In den Korridoren der Unterrichtsgeschosse rhythmisieren die Betonstützen und -rippen der Primärstruktur den Raum. In den Unterrichtsräumen prägen neben der Primärstruktur die lasierten Holzverkleidungen der Brüstungen, die mit Korklinoleum belegten Schrankfronten und der Linoleumboden die Raumstimmung. Im Gegensatz dazu sind die Zwischenwände und die schallabsorbierenden Deckenfelder mit ihren gestrichenen Putzoberflächen zurückhaltend gestaltet und tragen zur ruhigen und zurückhaltenden Lernatmosphäre bei.
Für die Tragstruktur der beiden Neubauten wird in den oberen Geschossen ein Skelettbau in Recyclingbeton mit hochfesten, vorfabrizierten Stützen und einzelnen aussteifenden Wandscheiben vorgeschlagen. Im Untergeschoss des kleineren Gebäudes sind zusätzlich zu den durchgehenden Betonscheiben die Wände mehrheitlich gemauert oder betoniert und nicht mehr aufgelöst. Im östlichen Bauvolumen bedingt das Integrieren der Turnhalle und des Mehrzwecksaales ins Gebäudevolumen eine spezifische Abfangkonstruktion. Dabei werden die grossen Spannweiten mit einem Trägerrost überspannt, welcher architektonisch in Szene gesetzt wird und den Charakter dieser unteren Eingangsebene auch im Foyerbereich prägt. Das westliche Schulgebäude kann flach sowie über untiefe Magerbetonschächte im Schotter fundiert werden.
Bauherrschaft
Stadt Dietikon
Standort
Dietikon
Art
Umbau + Erweiterung
Nutzung
Bildung
Status
in Planung
Wettbewerb
2020, 1. Preis
Renderings
maaars